|
Montag, 26. Juli 2004 |
Kunst im Britzer Garten (7)
Eduardo Paolozzi
Katastrophenbrunnen, 1984
|
|
Vor dem aus rotem Klinker errichteten Bauwerk nordöstlich der Seen wird der Betrachter einer eigenartigen Konstruktion aus Stahlrohren gewahr, die sich auf seltsame Weise über eine Fläche von einigen Quadratmetern erstreckt. Ein unübersichtliches Gewirr aus Rohren, Drehrädern, Ventilen und Verbindungsringen ist hier entstanden, die unter- und übereinander verlaufen sowie teilweise auch ineinander verschlungen sind. Aus einem der vielen Rohre, das wie ein Wasserspeier schräg in die Höhe strebt, schießt ein Wasserstrahl auf unkontrollierte Weise scheinbar ziellos mitten in den »Rohrsalat« hinein. Weiterhin leckt das Rohrgewirr an einigen Stellen, aus anderen tröpfelt Wasser oder es quillt aus geborstenen Teilen über. Betrachtet man den Katastrophenbrunnen genauer, so fragt man sich, welchen Weg das Wasser in den vielen Rohren wohl nimmt, und schnell meint man dahinter zu kommen, dass hier irgendetwas nicht stimmen kann. Nicht alle Rohre sind miteinander verbunden, einige scheinen aus dem Boden zu wachsen, andere wiederum ... sind überraschenderweise gar nicht an den zweifelhaften Wasserkreislauf angeschlossen und bilden »tote« Röhren. Diese sind allerdings nicht - wie man erwarten würde - einsehbar, sondern schließen an den Enden flach ab. Manche Rohre lehnen sich als lose Elemente an die Konstruktion an oder sind scheinbar wahllos in ihrem Inneren platziert. Wieder andere krümmen sich auf ungewöhnliche Art und Weise, als würden sie sich in der Luft winden, und stellen damit ihren technischen Charakter in Frage. Einige Rohrabschnitte scheinen sinnlos zwischen zwei Teile geschweißt zu sein, wie es zum Beispiel bei dem am weitesten in die Höhe reichenden Rohr der Fall ist, einer auf dem Kopf stehenden U-Form, die einen formalen Bezug zur gebogenen Front des Pumpenhauses herstellt.
Das Rohr mit dem größten Durchmesser fällt aufgrund seiner überdurchschnittlichen Dicke und den an ihm angebrachten beweglichen Drehrädern sofort ins Auge. Es ist auch jenes, das als einziges dem Erdwall entspringt, der sich unmittelbar rechts vom Eingang des Pumpenhauses an dessen Wand bis zu einer Höhe von über zwei Metern aufhäuft. Diese Anordnung erweckt den Eindruck, als sei das Rohr mit dem Pumpenhaus oder sogar mit der technischen Einrichtung im Inneren des Gebäudes verbunden, als sei das Gewirr der Rohre aus seinem ursprünglichen Funktionszusammenhang gerissen und pumpe nun die letzten Liter Wasser nach außen. Tatsächlich jedoch wird der Katastrophenbrunnen mit Überschusswasser aus dem Pumpenhaus versorgt und von einer Zeitschaltuhr mit Tages- und Wochenrhythmus gesteuert. Das herauslaufende Wasser zirkuliert allerdings nicht, sondern wird mittels einer unterirdischen Leitung vom gegenüberliegenden Feuchtökotop direkt aufgenommen.
(Agata Dirkes in: hier)
9:30:23 PM
|
|
© Copyright 2004 Türschmann.
|
|
|