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Sonntag, 12. Januar 2003 |
Das ist ein leeres, altes Kassenarztrezept.
In der Ausstellung Kunst auf Rezept sieht man, was passiert,
wenn man Künstler bittet, sich mit diesem Formular näher zu beschäftigen.
In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wurden die schwarz-weißen Kassenarztrezepte in Deutschland durch rosafarbene Formulare ersetzt. Die ungültig gewordenen Rezpetformulare wanderten zu Tausenden durch den Reißwolf und in die Papierkörbe. Als Psychoanalytiker und Nervenarzt, der nur selten ein Rezept ausstellt, hatte ich einen Block von fast tausend Rezepten nahezu die komplette Erstausstattung eines Kassenarztes - im Schrank liegen. Ich beschloss, die postkartengroßen, umfangreich bedruckten Formulare nicht zu entsorgen, sondern sie einer neuen Bestimmung zuzuführen: Wie würden Künstler reagieren, wenn ich sie bitten würde, diese funktionslos gewordenen Papiere wiederzubeleben? Auf einem umfangreich vorstrukturierten und inhaltlich aufgeladenen Papier zu arbeiten - wäre dies ein Anreiz zur künstlerischen Auseinandersetzung oder eher ein Hindernis? Natürlich ist das Rezept mit seinem kleinen Verschreibungsfeld von gerade einmal 6,5 x 7,5 cm denkbar ungeeignet als Grundlage künstlerischer Arbeit. Auch ist das Papier nur von mäßiger Qualität. Und dennoch: Könnte es nicht auch eine Herausforderung sein? (Hartmut Kracht im ausgezeichneten Katalog) Die Ausstellung findet im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charite statt.
Ein Besuch der Ausstellung ist Pflicht für jeden Kunstspaziergänger.
5:25:07 PM
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