Updated: 01.02.2003; 15:04:56.

 

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Samstag, 18. Januar 2003

"Meine Damen und Herren,

haben Sie sich denn überhaupt schon an die neue Zeitrechnung gewöhnt? Früher sagte man vor Christi Geburt, nach Christi Geburt... heut sagt man vor den Anschlägen, nach den Anschlägen.

Es ist doch in den Nachrichten, immer wieder "Der erste Besuch von Präsident Putin in den USA - nach den Anschlägen.", "Die erste Welthandelskonferenz - nach den Anschlägen".

Wie war ihr erstes Bier nach den Anschlägen?

Ich mein, wer wird den Tag jemals vergessen, der 11. September, was für ein Datum? Ein schöner Dienstag war das, der 11. September 1973.

Salvador Allende, der demokratisch gewählte Präsident Chiles, wurde vom amerikanischen Geheimdienst aus dem Amt geputscht. 3000 tote chilenische Demokraten -- sie erinnern sich doch alle, die Menschenketten bei uns, die Spendenaktionen. Die hatten ja damals alle keine Lebenensversicherung.

Ersetzt wurde Salvador Allende damals durch eine faschistische Militärregierung unter Augusto Pinochet; den kennen sie aber noch!? Ein *ausgewiesener* Menschenrechtsexperte.

Augusto Pinochet war für Chile das, was heute für Afghanistan die Nord-Allianz ist. Die Amerikaner hatten bei der Auswahl ihrer Verbündeten immer ein geschicktes Händchen, man kann das nicht anders sagen.

Ja, ich weiß auch, der Kanzler hat gesagt, man soll hier nicht in einen oberflächlichen Anti-Amerikanismus abgleiten ... aber .. meiner ist gar nicht oberflächlich.

Ich habe auch gar nichts gegen Amerika, wirklich! Das ist ein wunderbares Land, wirklich, das Problem sind die Menschen, die da leben.

Die Gemütsverfassung des Durchschnitts-Amerikaners ist mit "naiv" sehr wohlwollend umschrieben. Von der Welt wissen die Amerikaner so gut wie gar nichts. Im Grunde wissen die Amerikaner von der Welt nur eins: Wir sind die Guten!

Egal was passiert, es sind immer die Guten und das ist ja auch 'ne schöne Sache. So ein einfaches Weltbild ist 'ne prima Sache. Das kennen sie noch aus den Zeiten des Feminismus!?

Wenn man weiß, wer der Böse ist, hat der Tag Struktur.

Jahrzehntelang war für die Amerikaner die ganze Sache sehr einfach: das Reich des Bösen war leicht zu finden, das lag im Osten, die Sowjetunionon.

Der Kommunismus wurde bekämpft, an allen Fronten, man hat Bollwerke aufgebaut -- zum Beispiel in Persien.

Man hat den Schah von Persien -- damals ein junger, aufstrebender Diktator -- den hat man aufgerüstet, bis der Schah von Persien -- der hatte ja immer flotte Frauen am Start -- bis der die viertgrößte Armee hatte; als Bollwerk gegen den Kommunismus.

Als Dank dafür, hat der Schah von Persien dann seine eigene Bevölkerung deermaßen geknechtet, geknebelt und ausgeblutet, daß die armen Perser sich irgendwann in völliger Verzweiflung hinter einen religiösen Führer geschart haben: Ayatollah Khomeni.

Ihre einzige Chance, den Diktator loszuwerden. Eine Millionen Perser auf der Straße vor der viertgrößten Armee der Welt: "Schießt doch! Schießt doch! Was wollt ihr machen? Schießt doch!"

Die Armee hat sich zurückgezogen, der Schah von Persien mußte fliehen, zusammen mit Farah Diba, einem Köfferchen und ein bißchen Geld -- ab in die USA.

Die Perser waren sauer; die Amerikaner hatten bis zuletzt zum Schah gehalten. Die Amerikaner ware sauer; ihre wunderbaren Waffen waren Ayatolla Khomeni in die Hände gefallen.

Ein islamistischer Fundamentalist! Da waren die Iraner plötzlich die Bösen. Da haben die Amerikaner gesagt, jetzt müssen die bekämpft werden. "Wer kann für uns die Iraner bekämpfen?" -- die machen das nicht gerne selber, die Amerikaner.

Da haben sie einen sympathischen jungen Mann gefunden, der hieß Saddam Hussein. Der wohnte gleich um die Ecke. Da haben sie gesagt, paß mal auf, Hussein -- auch ein aufstrebender, junger Diktator damals -- Hussein: wir rüsten dich auf, du marschierst im Iran ein und klaust dem Khomeni ein paar Ölquellen.

Gesagt, getan, der Hussein da rein; ist nicht weit gekommen; die Iraner haben sich gewehrt. Zehn Jahre lang: erster Golfkrieg. Wir waren neutral -- wir haben beide Seiten mit Waffen beliefert.

Hussein hat irgendwann aufgegeben, hat gesagt ich sehe das ein, ich komme da nicht weiter, hat sich in den Irak zurückgezogen -- waren die Amerikaner wieder pampig, ne, kuck mal der Schlappschwanz.

Hat der Hussein gesagt: Okay, dann hole ich mir die Ölquellen in Kuwait, da kommt man ja auch leichter rein. Da waren die Amerikaner wieder sauer: Moment mal Freundchen, welches Land du überfällst, das bestimmen immer noch wir!

Der Hussein wußte gar nicht was los war. Sie müssen sich das vorstellen: Der Mann hatte sich einfach umgedreht, war mit seinen Truppen wieder losgezogen und plötzlich war er das Arschloch; da wurde der Hussein bekämpft.

Die Russen wurden auch in Afghanistan bekämpft von den Amerikanern. Die Russen hatten Afghanistan besetzt -- sie erinnern sich: Olympiaboykott 1980, da haben die Amerikaner gesagt: "Was haben die Russen in Afghanistan zu suchen? Die müssen da raus! Wer kann das für uns machen?" Da haben wieder einen sympathischen, jungen Mann gefunden, der hieß Osama Bin Laden.

Den hat man ausgerüstet, seine Kumpels, die Mujahedin, wurden trainiert, dann hat man gesagt: "Paß mal auf: Du gläubiger Moslem, wir gläubige Christen. Wir werden die gottlosen Russen aus dem Land treiben."

Osama Bin Laden und seine Mujahedin haben gekämpft zehn Jahre lang. Ganz Afghanistan war am Ende in Schutt und Asche, aber die Russen haben sich zurückgezogen.

Die Amerikaner haben gesagt: Super Mann, der Osama Bin Laden und seine Mujahedin; tolle Kämpfer! Die Russen sind draußen. Euer Land sieht zwar Scheiße aus, das geben wir zu, aber es ist ja nicht unser Land, es ist Afghanistan -- viel Spaß damit! Und die Amerikaner sind wieder nach Hause gegangen.

Dann begannen in Afghanistan die ersten Bürgerkriege. Die berühmte Nord-Allianz, ja?, die war nämlich von '92 bis '96 schon ein mal an der Macht in Kabul -- aus der Zeit stammen die ganzen Gebäudeschäden da.

Das ist überhaupt keine Allianz. Das sind Räuberbanden! Die bekämpfen sich am liebsten untereinander! Das sind Clan-Chefs, die haben Truppen um sich geschart. Die wechseln die Seiten, sobald sie sich einen Vorteil davon versprechen.

Sie müssen sich die Nord-Allianz wie so eine Art bewaffnete F.D.P. vorstellen.

Natürlich waren die Anschläge in Amerika furchtbar, das muß man ja wohl nicht immer wiederholen. Und wie immer, wenn das Entsetzen so groß ist, daß einem wirklich die Worte fehlen, dann ist gleichzeitig kein Mangel an hohlen Phrasen aus noch hohleren Köpfen.

"Nichts wird jemals wieder so sein, wie es war.", ne? Mein Kanzler in Höchstform. "Jetzt sind wir alle Amerikaner!".

Ich habe schon Probleme genug damit, Deutscher zu sein, ich sage es ihnen ganz ehrlich!

Und einmal in Fahrt faselte unser Kanzler dann noch von der "uneingeschränkten Solidarität", und Angela Merkel hat noch einen draufgesetzt.

Merkel hat in einer Pressekonferenz gesagt: "Solidarität heißt, im Zweifelsfall zu allem bereit zu sein." -- und das habe ich immer befürchtet, daß die Frau zu allem bereit ist, meine Damen und Herren.

Statt "Helm ab zum Gebet" heißt es jetzt "Hirn ab zur Solidarität", oder was?

Wieso denke ich jetzt bei "Hirn ab zur Solidarität" an Israel?

[Stille im Publikum]

Oha, ich merke schon, das geht gar nicht -- das kann man jetzt als Deutscher nicht mehr machen. Ich weiß, Antiamerikanismus geht im Zweifelsfall gerade noch durch, aber Anti.... ja, sie denken doch auch sofort an Antisemitismus, oder? Ich sehe es ihnen doch an. Können sie mir bitte mal erklären, was die Kritik an der Politik des Staates Israel mit Antisemitismus zu tun hat?

Auch viele Juden sind doch völlig entsetzt über das, was die israelische Regierung da tut. Ariel Scharon hat mindestens soviel Dreck am Stecken wie der Yassir Arafat. Wenn die israelische Armee in den palästinensischen Gebieten mutmaßliche Terroristen einfach so hinrichtet, oder wenn sie 14 jährige, steineschmeißende Jungs tötet -- da hat der Möllemann natürlich völlig recht, wenn er das Staatsterrorismus nennt.

Und es ist furchtbar genug, daß sich nur ein Politik-Clown wie Möllemann traut, so etwas in Deutschland zu sagen.

Als Deutscher dürfen sie das nämlich gar nicht. Als Deutscher dürfen sie für die Vorgehensweise der israelischen Armee in den palästinensischen Gebieten nur Verständnis äußern; sie dürfen auf keinen Fall die Wahrheit sagen, sonst haben sie direkt Michel Friedmann am Hals -- und dann wirds klebrig.

Ich sagen ihnen: der Kanzler färbt, aber Friedmann fettet.

Ganz ehrlich. Ich muß ihnen ehrlich sagen, ich werde es Paul Spiegel und Michel Friedmann im Leben nicht verzeihen können, daß die mich nach fast 20 Jahren dazu gebracht haben, Jürgen W. Möllemann öffentlich in Schutz nehmen zu müssen -- das kann ich nicht verzeihen."

--- Volker Pispers, Kabarettist "Amerika 911"


11:11:54 PM    Kommentar? []

Die Stylepolice in Duisburg:

Ein besonderes Erlebnis!


6:21:44 PM    Kommentar? []

... und es hat Zoom gemacht.


5:43:38 PM    Kommentar? []

 

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