Freitag, 26. März 2004
media theory: communities

das problem mit - und das gute an - der medien-perspektive ist, dass sie verlangt, sich den common sense abzugewöhnen. in der medienwelt geht es zuerst eben nicht um "leute", "menschen", "gefühle", die "vermittelt" und "ausgedrückt" werden. sondern es geht genau um den umgekehrten prozess.

Wobei das interessante am web und an der neuen medien-kultur ist, dass sich der common sense selbst zu ändern scheint: er wird postmodern. was vorher als hyperabstraktes akademische geheimwissen gehandelt und behandelt wurde, wird für jeden blogger und big brother-fan offensichtlich:

eine community beste1ht nicht aus leuten. sie besteht aus kommunikationen. (vgl. foucault, vgl. luhmann.)

so wie auch eine party nicht aus leuten besteht, sondern aus kommunikationen. so wie ein blog nicht aus gedanken besteht, sondern aus kommunikationen. so wie die blogosphere aus einer struktur von kommunikationen besteht.

und umgekehrt gilt dasselbe:

da, wo ein cluster oder eine wolke von kommunikationen sich bildet, relativ stabil in der zeit durch regelmäßige updates, da entsteht (?emergiert?) eine community. d.h. eine eigenständige einheit, die dann selbst wieder kommunikationen erzeugt/provoziert.

die einzahl von community ist "person".

("ich bin in der überzahl" scheint übrigens von herzogs fitzcarraldo-film zum post-sponti-sprüchlein heruntergekommen zu sein.)

deshalb bedeutet also auch blogging "writing yourself into existence" (david weinberger-zitat), so wie konversation bedeutet: "speaking yourself into existence".

/ml


da media! wot is the media? (some definitions)

immer noch bei der suche nach der wissenschaftstauglichen definition von ?media? ... kulturalistisch statt technizistisch, nicht zu anthropologisch-allumfassend und nicht zu common-sense-haft ...

hier mein eigener versuch, v 1.0.

hier die kritik von florian cramer, literatur- und "harter" neue-medien-wissenschaftler an der fu berlin, moderator der netzkultur-liste rohrpost (homepage hier). er hält den begriff überhaupt für wenig brauchbar: zu verschwurbelt, aufgeladen mit spiritistischen konnotationen. Er will -- (wenn überhaupt) "Medium" streng als Übertragungskanal definieren. (hier meine antwort auf die kritik, dann noch mal cramer und noch mal ich.)

Bevor man also, wie Du es vorschlägst, 'Medienwissenschaft' als kulturhistorische Untersuchung der Rede von 'den Medien' betreibt, muß man erst einmal das tote Holz und die Mißverständnisse abräumen, die sich mit den Begriffen 'Medien' und 'Medienwissenschaften' verbinden.

so cramer, der auf seiner homepage ein plädoyer [ pdf ] für eine "textwissenschaft des digitalen", in abgrenzung zum computer-als-neues-medium-konzept, anbietet, gehalten auf dem germanistentag 2001. 

hier zum vergleich noch mal die "vorläufige und kumulative" mediendefinition meines lieblings-medienwissenschaftlers hartmut winkler, auf die ich schon mal verlinkt habe, publiziert 01/2004 in "medienwissenschaft".

mir selbst ist das zu vage und zu groß angelegt: eher ein (gutes) forschungsprogramm als eine definition. alles, was im zusammenhang mit dem phänomen "medien" interessant sein kann, soll da platz haben. dabei ist winklers grundanliegen, wie er es im vorwort zu seinem demnächst erscheinenden stw-buch "diskursökonomie" formuliert, sehr sympathisch:

Die Ebenen der Medienwissenschaft aber sind Konstrukt. So etabliert sie sind, in so klarer Weise verstellen sie den Blick auf jene Interdependenz zwischen den Medienaspekten, die den Gegenstand aller interessanteren Medientheorien bildet. Medien sind nicht einerseits Hardware und ?gleichzeitig? Handlungsraum, Träger von Bedeutung und ?daneben? Wirtschaftsgut. Sie sind all dies tatsächlich in einem.

da muss man aber, glaube ich, unterscheiden zwischen den "medien" als komplexe, aber definierbare und analysierbare binnenstruktur und den größeren strukturellen zusammenhängen, deren zentrale schnittstelle "die medien" als soziokulturelles phänomen bezeichnet.

/mf