|
Mittwoch, 24. August 2005 |
Kunstspaziergänge in Venedig (1)
Lucian Freud im Museo Correr
Ein Mythos, sagt man. Einer, der malt, als hätte es Cézanne nie gegeben, geschweige denn Marcel Duchamp. Ein Realist, schroff und intensiv, dem die Kunst unserer Zeit die bemerkenswertesten Bilder von Nacktheit verdankt. Der größte lebende Maler Englands, wenn nicht der Welt. Und einer der bestbezahlten dazu. Lucian Freud ist ein großer Name und, gemessen an der Bereitschaft einiger Helden aktueller Kunst zur Selbstinszenierung, eine geheimnisvolle Figur.
1922 in Berlin geboren, ein Enkel Sigmund Freuds, ist er seit 1939 britischer Staatsbürger. Dass er ein teutonischer Maler sei, es aber nicht zugebe, ist einer der wenigen kritischen Einwände von englischer Seite. Er ist ein Star und war es in Sammlerkreisen schon lange. Ein Mann, dessen Leidenschaft für gigantische Pferdewetten notorisch ist und dessen asketisch schmales Äußeres man weniger von Fotos als dank seiner Selbstbildnisse zu kennen meint.
(Ursula Bode in Die kalte Lust des Malers)
10:45:23 AM
|
|
Baltische Impressionen (1) - Das Thomas-Mann-Haus in Nidden
Die Kurische Nehrung ist der schmale Landstreifen zwischen Memel und Königsberg, zwischen dem Kurischen Haff und der Ostsee. Das Haff hat Süßwasser, das auch durch eine kleine Verbindung mit der Ostsee bei Memel nicht beeinträchtigt wird, und birgt Süßwasserfische. Der Landstreifen ist ca. 96 km lang und so schmal, daß man ihn in 20 Minuten oder einer halben Stunde bequem vom Haff zur See überqueren kann. Es ist sandig, waldig und sumpfig. Meine Worte können Ihnen keine Vorstellung von der eigenartigen Primitivität und dem großartigen Reiz des Landes geben. Ich möchte mich hier auf Wilhelm von Humboldt berufen, der dort war, und speziell von Nidden so erfüllt war, daß er erklärte, man müsse diese Gegend gesehen haben, wie man Italien oder Spanien gesehen haben müsse ("wenn einem nicht ein Bild in der Seele fehlen soll"). ...
Wir sind im Sommer immer gern an die See gegangen, und man empfahl uns da eines Tages, die samländische Küste zu besuchen. Wir waren schon einige Wochen in Rauschen. Dies ist ein ziemlich triviales Ostseebad, wie es viele gibt, und wir sehnten uns nach etwas anderem. Man schlug uns vor, die Nehrung zu besuchen. Gut, wir fuhren also für einige Tage nach Nidden auf der Kurischen Nehrung und waren so erfüllt von der Landschaft, daß wir beschlossen, dort Hütten zu bauen, wie es in der Bibel heißt. Dies ist zwar bei uns nichts Neues, denn wir beschließen es phantasieweise fast überall, sei es bei St. Moritz oder Assuan. Aber diesmal war es ernster. Der Eindruck war tief. Man findet einen erstaunlich südlichen Einschlag. Das Wasser des Haffs ist im Sommer bei blauem Himmel tiefblau. Es wirkt wie das Mittelmeer. Es gibt dort eine Kiefernart, Pinien ähnlich. Die weiße Küste ist schön geschwungen, man könnte glauben in Nordafrika zu sein. Wir faßten einen Hügel am Haff ins Auge und begannen mit einem Bauplatz zu kokettieren. Als wir abreisten, hatten wir uns soweit gebunden, daß wir nicht mehr zurückgekonnt hätten, selbst wenn wir gewollt hätten. Durch Vermittlung Einheimischer kam ein Pachtvertrag mit der Litauischen Forstverwaltung zustande, eine Memeler Architektenfirma wurde engagiert, und so bauten wir brieflich ein Holzhaus. Alles war furchtbar einfach, nur Holz und Schleiflack. Als der nächste Sommer kam, stand das Haus fix und fertig da. Wir kamen an und saßen auf der Veranda unseres Häuschens, als ob es schon immer so gewesen wäre.
(aus dem Vortrag "Mein Sommerhaus" von Thomas Mann, gehalten am 1. Dezember 1931 bei einer Zusammenkunft des Rotary Clubs München)
10:43:59 AM
|
|
Der Urlaub ist (fast) vorbei. In der Wohnung gibt es eine Überraschung:
Leucocoprinus birnbaumii (Gelber Faltenschirmling)
jetzt auch in unseren Blumentöpfen!
Urlaubserinnerungen wird es in den
Baltischen Impressionen
und in den
Kunstspaziergängen in Venedig
geben
(mehr Bilder dann auch noch hier und dort, aber das wird etwas dauern).
10:41:45 AM
|
|
© Copyright 2005 Türschmann.
|
|
|