twister@stop1984.info (27. Dezember 2003 13:28)
Es war der Tag nach Weihnachten und fast alle lagen noch ersch[^]pft, vollgefressen oder betrunken von Gl[cedilla]hwein, Single Malt oder Sekt in den Betten, als Diane nach drau[fl]en in den schmutzig-grauen Schnee trat. Vom Himmel kam wei[fl]er Schnee in dicken Flocken herunter und Dianas Steppj[per thou]ckchen war schnell davon [cedilla]bers[per thou]t, so dass sie aussah wie ein Michellin-M[per thou]nnchen. Diana rieb sich ihr Ohr, sie war allergisch gegen den Chip und hinter dem Ohr bildete sich mittlerweile eine Wucherung, die in Form und Farbe einem Brokkoli [per thou]hnelte.
Diane nahm die Zeitungen an sich und begann sie zu verteilen, w[per thou]hrend rund um sie herum die Weihnachtsdrohnen herumflogen und die Verkehrssicherheitsger[per thou]te im Takt von Stille Nacht ein Auto nach dem anderen fotografierten. "Stihile Nacht... sssssst.... Heilige Nacht.... sssssst..." Eine Schutzstaffel kam vorbei und Diane hielt ihr Ohr in Richtung des tragbaren Scanners. "ssssssst... Danke f[cedilla]r die [<]berpr[cedilla]fung Ihrer Personalien, Diane20031227164" schnarrte der Scanner und f[cedilla]gte ein "Bitte weiterhin auf das Gewicht achten, Diane20031227164" hinzu. Diane nickte und verteilte weiter ihre Zeitungen.
Als sie die letzte Zeitung in einen der "Post Receiving Agents" eingef[cedilla]hrt hatte, der nicht nur den Inhalt kontrollierte (man wusste ja nie - immerhin gab es schon mal Untergrundler, die gef[per thou]lschte Zeitungen in Umlauf brachten) sondern auch die Fingerabdr[cedilla]cke darauf, g[per thou]hnte sie und machte sich auf den Heimweg als pl[^]tzlich die Luft um sie herum zu knistern begann. Zuerst dachte Diane, dass hier gerade ein Testversuch f[cedilla]r eine neue-nichtt[^]dliche Waffe begann, aber solche Tests wurden ja eher in den Elendsvierteln durchgef[cedilla]hrt, es war also unwahrscheinlich, dass man hier einen begann. Die Luft knisterte weiter und schien sich elektrisch aufzuladen, Funken zu spr[cedilla]hen. Diane bekam Angst, doch so pl[^]tzlich wie es begonnen hatte, endete es auch. Aber etwas war geschehen: die Stra[fl]en waren menschenleer, keine Schutzstaffel, keine Drohnen, nichts.
Diane stand da, mit h[per thou]ngenden Armen und offenem Mund. "Hallo." sagte eine Stimme neben ihr. Diane drehte sich um und blickte in die blauen Augen einer Frau, die trotz der K[per thou]lte nur ein d[cedilla]nnes wei[fl]es Kleid trug. "Es ist Weihnachten." sagte die Frau. "Und weil Du ein liebes M[per thou]dchen warst, darfst Du Dir etwas w[cedilla]nschen." "Es ist nicht mehr Weihnachten." meinte Diane [per thou]rgerlich. "Stimmt. Ehrlich gessagt, ist meine Uhr stehengeblieben und gestern hatte ich einen ziemlichen Kater." sagte die Fee und zuckte die Schultern. "Aber ist doch egal - jedenfalls darfst Du Dir was w[cedilla]nschen."
Diane seufzte. "Dann w[cedilla]nsche ich mir, dass ich wo lebe, wo es immer warm ist." Die Fee nickte und schwang ihren Zauberstab. "Eigentlich ist der nicht n[^]tig, macht sich aber besser wegen des melodramatischen Effektes." gab sie zu. "Ist [cedilla]brigens nur Eigenbau, aus ein paar Joysticks und dem "ewigen Blinker" gebaut."
Diane sah sich um. "Wo bin ich denn hier?" Eine Drohne mit einem Hular[^]ckchen flog an ihr vorbei. "Hawaii." "Oh."
Diane [cedilla]berlegte. Irgendwie gefiel ihr Hawaii doch nicht so gut. Bis auf die Ausstattung der Drohnen gab es nicht viel Unterschiede. Der gesamte Strand wurde von Drohnen [cedilla]berwacht, die "Baden verboten"-Ecken waren mit "Friendly Fire"-Ger[per thou]ten ausgestattet und durch das Klonen sahen viele hier nicht einmal mehr anders aus als die Leute in Poitzen, Augsburg oder Stutgart oder sonst irgendwo in der Allianz.
"Ich m[^]chte wieder zur[cedilla]ck." sagte sie deshalb und die Fee nickte wieder, schwang den Eigenbau-Zauberstaub (blink) und sie waren wieder zur[cedilla]ck, wo sie begonnen hatten. "Und was w[cedilla]nscht Du Dir jetzt noch? Es ist Dein letzter Wunsch."
"Ist ja ein Wunder, dass es heutzutage noch drei W[cedilla]nsche gibt, h[per thou]tte gedacht, da wird auch rationalisiert." meinte Diane und [cedilla]berlegte weiter.
"Gef[per thou]llt es Dir denn, wie es jetzt in der Allianz ist?" fragte die Fee. "Mit den Drohnen, den Kameras und all dem?" "Na ja... nicht so ganz. Aber ich bin erst 2003 geboren, ich kenn das nicht viel anders. Und die Drohnen sind ja ganz niedlich." "Hmm..."
Diane seufzte. "Ich hab mal was gelesen." [cedilla]berlegte sie laut. "Von Demokratie oder so. Das war in dem Bericht [cedilla]ber die drei d[cedilla]mmsten Staatsformen der Welt, den das Ministerium f[cedilla]r alleinige Wahrheit herausbrachte." Sie l[per thou]chelte. "Da hie[fl] es, dass das Volk entscheiden durfte, ob es manche Sachen wollte oder nicht. Ich w[cedilla]nsche mir, dass in 2004 das Volk entscheiden durfte, ob es die Zukunft so will wie sie jetzt ist."
Die Fee nickte, schwang den Zauberstab (blink), gab Diane noch ein Geburtstagsp[per thou]ckchen und verschwand.
Diane sah sich um. Die bl[^]de Fee schien es nicht hinbekommen zu haben, denn eigentlich war nichts anders. Die Drohnen sausten herum, die Kameras surrten und die Staffel marschierte. Aber als sie die riesige Werbung auf dem Allianz Trade Center sah, da l[per thou]chelte Diane. Doch - etwas hatte sich ge[per thou]ndert. Denn die Werbung k[cedilla]ndigte an, dass jetzt jeder w[cedilla]rde die Fu[fl]ball[cedilla]bertragungen sehen d[cedilla]rfen und dass die Bundesligahalbfinale sowie das Finale nun an Tagen gesendet wurden, die Nationalfeiertag waren. Diane sah, dass die Drohnen zwar Weihnachtsdronen waren, aber dass die an eine M[^]hre erinnernde Scanner-Nase nun etwas orangener get[^]nt war als vorher. Diane war gl[cedilla]cklich - Demokratie war schon klasse.
[Heise]
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