letzte Änderung: 01.10.06; 19:05:15.
Kunstspaziergänge
Spaziergänge in Berlin und Umgebung
        

Montag, 25. September 2006

Kunstspaziergänge in den Städten der Toskana (1)

Michelangelo arbeitete den David in seiner Jugend, im Jahre 1501, aus einem Block von karrarischem Marmor, welchen Simon von Fiesole lange vor ihm und machtlos zu einem Riesen verhauen hatte. Der junge Bildhauer bewältigte den Block mit der ihm eigenen ungestümen und waghalsigen Kraft und schuf daraus den David, und so trägt diese Figur, obwohl nicht vollkommen schön, doch den erhabenen und feierlichen Ausdruck des Genies.
(aus: Gregorovius Wanderjahre in Italien)

David
Er [Michelangelo] setzte sich ans Fenster, blickte auf die Türme und Kuppeln von Florenz unter der silbernen Mondsichel, wanderte dann in den drei kleinen Räumen unruhig auf und ab und ließ sich wieder zu seiner Nachtwache am Fenster nieder. ... Er würde Stellung nehmen und entscheiden müssen, welchen der beiden Recken er darstellen wollte, den Kämpfer oder den Triumphator.
Als der neue Tag anbrach, hatte er den Weg bis zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen Schritt für Schritt noch einmal zurückgelegt. Klares Morgenlicht flutete in seine Gedanken. Goliath mußte verschwinden. Sein blutbefleckter, häßlicher dunkler Kopf hatte keinen Platz im Reich der Kunst. Nie hätte er ihn in seine Komposition einbeziehen dürfen. Die volle Bedeutung Davids wurde dadurch verdunkelt, daß der abstoßende Kopf, für alle Zeiten eng mit ihm verbunden, zu seinen Füßen lag. Denn so würde Davids Tat zu einem bloßen körperlichen Akt, der mit dem Erschlagen des Gegners endete. Doch Michelangelo schien dies nur zum geringen Teile die Bedeutung Davids auszumachen, der den Wagemut des Mannes in jedem Bereich des Lebens versinnbildlichte, den Wagemut des Denkers, Dichters, Künstlers, Forschers und Staatsmannes: ein Gigant des Geistes, der Seele und des Körpers. Ohne Goliaths Kopf als Attribut konnte er als Sinnbild des Mannesmutes und eines Sieges über die weit gewichtigeren Feinde gelten.
David mußte allein dastehen. Genauso, wie er damals im Tal von Terebinth allein dagestanden hatte.
(aus: Irving Stone Michelangelo Biographischer Roman)

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