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Sonntag, 8. April 2007 |
Schmerz - Pain
Von der Decke im Eingangsbereich hängt ein ungeheuer hoher schwarzer Baldachin herab, und darunter, auf rotem Grund: ein Beißstab. Er ist ungefähr neunzig Zentimeter lang, so dass man, während man zubeißt, ihn gleichzeitig mit beiden Händen packen kann. Aus Holz ist er, mit einem Knauf versehen und eng mit Leder umwickelt. Dieser Lederbezug trägt, konzentriert auf die Mitte, die Eindrücke der Zähne, eine Narbenlandschaft, aus vielen hundert Bissakten herrührend. Leicht widerlich ist die Vorstellung des von Mund zu Mund wandernden Stabes. Und doch darf man sicher sein, dass es im Augenblick der höchsten Not keine Rolle mehr spielte, vielmehr diese gebrechliche Hilfe mit dem wilden Eifer der Pein vom Gebiss ergriffen wurde, so fest es ging. Es war das Humanste, was sich tun ließ, in jener gar nicht so lang vergangenen Zeit, als man den Leib des Menschen öffnete oder ihm das Bein abschnitt, ohne ihm den Segen der Narkose zu gönnen. (B. Müller in der Süddeutschen)
7:05:35 PM
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