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Dienstag, 6. Dezember 2005 |
Die Poesie der Dinge (Morgenpost)
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Ethnologische Museen, wären sie nicht so schrecklich zivilisiert mit all ihren Vitrinen und Wächtern, wären wahrscheinlich ebenfalls ein großartiger Ort für die Surrealisten gewesen. Die Kuratoren dieser kleinen und feinen Ausstellung in Berlin-Dahlem über die "Poesie der Dinge" haben wohl recht mühelos einige großartige alte Südsee-Masken und Skulpturen aus den unerschöpflichen Depots zutage gefördert, die ohne weiteres auch als "surreal" durchgehen würden und einen Max Ernst oder Alberto Giacometti zweifellos begeistert hätten. Die so genannte "veristische" Richtung der Surrealisten, die von Magritte oder Dali repräsentiert wird, scheint insgesamt schwächer an der Südseefaszination partizipiert zu haben. Ungleich stärker sind hier die "absoluten Surrealisten" vertreten, die in eher abstrakten Formen nach den Spuren des Unbewußten suchten, herausragend dabei der "Rosa Vogel" von Max Ernst, ein spätes Werk aus den fünfziger Jahren, das jedoch exemplarisch die Kombination von malerischer Collagetechnik und einer exotisch inspirierten Ikonografie vorführt. Auf ganz andere Art verarbeitet Ernsts berühmtes "Rendezvous der Freunde" von 1922 den Ahnenkult, indem sich lebende wie tote Surrealisten auf diesem höchst realistischen Gemälde in einem seltsamen Zwischenreich begegnen. Roberto Matta, André Masson oder der stark an Picasso orientierte Wilfredo Lam reproduzieren immer wieder undeutbare, rätselhafte Figuren und primitivistische Formen als "Seelenbilder". Paul Klee, der sich nie zu den Surrealisten zählte, ist hier dennoch vertreten, weil sich in der Tat gewisse Interessenüberschneidungen in der Verwendung abstrakter Formen erkennen lassen. Auch bei Klee gibt es einen tendenziellen Exotismus, der nicht auf expressionistische Inspiration zurückgeht. Für Breton wie für Klee war die Begegnung mit dem Andersartigen Teil einer kulturellen Katharsis, die nur von der Kunst geleistet werden konnte. (mehr hier bei C. Probst)
9:10:47 PM
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