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Dienstag, 27. Dezember 2005 |
Ein Standardwerk, nicht nur für Kunstspaziergänger: Wolfgang Pehnt Deutsche Architektur seit 1900
Auch Aufgaben, von denen man meinen sollte, Patriotenstolz vergäbe sie nicht an ausländische Büros, wurden von Architekten anderer Länder bearbeitet. Schließlich kicken in den nationalen Fußballklubs auch Brasilianer und Südafrikaner zum höheren Ruhm von FC Bayern oder Werder Bremen. Das Deutsche Historische Museum, das vor dem Regierungsumzug nach Berlin im Spreebogen stehen sollte und dann dem Band des Bundes weichen mußte, war 1988 Aldo Rossi übertragen worden. Er hätte daraus eine Collage deutscher Geschichtszitate gemacht, wie sie sich im Kopf eines germanophilen Italieners spiegeln: eine Museumsstadt mit kathedralartigem Mittelschiff, mittelalterlich steilen Hausgiebeln an den Seitenschiffen, einer Schinkel-Kolonnade und - einer deutschen Eiche, weil dieser Baum den Deutschen bekanntlich seit germanischer Vorzeit heilig ist. Umbau und Erweiterung des vorhandenen DDR-Geschichtsmuseums (1996, 1998-2003), die nach der Vereinigung einen Neubau überflüssig machten, wurden von Kanzler Kohl persönlich dem amerikanischen Altstar Ieoh Ming Pei anvertraut. Pei ließ den Hof des Zeughauses mit einem filigranen Stahlmaschennetz überdecken. Hinter dem barocken Geviert errichtete er einen Erweiterungsflügel, bei dem er das Vokabular seines Washingtoner East Wing an der National Gallery aufs Kleinformat des beengten Grundstücks reduzierte. Ein geschraubter Treppenturm lugt vorwitzig in Richtung Unter den Linden, damit niemand das Prominentenwerk übersieht. Pei betrachtete sein Werk als Hommage an Schinkel, zwischen dessen Neuer Wache und Altem Museum es liegt. Worin die Huldigung besteht, blieb sein Geheimnis.
8:42:46 PM
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