letzte Änderung: 01.02.04; 17:46:01.
Kunstspaziergänge
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Freitag, 9. Januar 2004

Béla Veszelszky. Die Erweiterung der Welt zur Transzendenz

Einen großen Unbekannten der ungarischen Kunst stellt das Collegium Hungaricum vor. Béla Veszelszky (1905-1977) war ein Einzelgänger, hatte zu Lebzeiten nur eine einzige Ausstellung in einer Privatwohnung. (mehr im Scheinschlag oder in der BZ)

Für einen Perspektivenwechsel ... gibt es in der neueren ungarischen Kunst eine beispielhafte Geschichte. Es handelt um den Maler Béla Veszelszky, der es liebte, lange Stunden in dem Garten seiner Budapester Wohnung mit dem Studium des Sternenhimmels zu verbringen. Damit ihn bei dieser Lieblingsbeschäftigung die Vorbeigehenden nicht störten, begann er, auf Freundesrat übrigens, eine Grube zu graben. Die Arbeit hat er im Jahre 1956 begonnen und wurde erst 1959 fertig. Er arbeitete leidenschaftlich, bestimmte Stunden des Tages verbrachte er mit schaufeln. Bei dieser, auch als Exerzitie zu betrachtenden Tätigkeit zogen ihn besonders die Bodenschichten an, die sich nacheinander auftaten. Es faszinierte ihn in einem solchen Maße, dass er erst viel tiefer als geplant aufhörte zu graben.
Veszelszky observierte aber nicht nur auf diese unmittelbare, sozusagen vorsteinzeitliche Weise den Sternenhimmel, sondern auch durch ein astronomisches Fernrohr seines Freundes. Die Resultate dieser Himmelsbetrachtungen - die mit dem Studium astronomischer Bücher verbunden waren - finden sich auf seinen Gemälden. Nicht als ob er den nächtlichen Himmel mit seinen unzähligen Lichtquellen auf die Leinwand bannen wollte. Unter seinen, mir bekannten Bilder befinden sich keine Himmelsgemälde; er malte fast ausschließlich die Landschaft, die er aus dem Fenster seiner Wohnung sah, und Porträts der ihm Nahestehenden (seiner Töchter und Freunde); sowie Selbstporträts, weil er, wie er sagte, sich jederzeit zur Verfügung stand.
All die Bilder aber, die im Tageslicht stehenden Landschaften wie die Menschengestalten malte er auf seine einzigartige Weise wie himmlische Phänomene: aus vielen farbigen Lichtpunkten - auf der Kehrseite des nächtlichen Himmels, auf weißem Grund.
Veszelszky hat nicht nur Zwiesprache mit Gelehrten sondern auch mit der Natur geführt. Während seiner Graben-Kontemplationen hatte er das größte Bild der Natur sogar gerahmt vor sich, den bestirnten Himmel im Rahmen der Erde, in den Rahmen der Bodenschichten seiner kreisförmigen Grube gefaßt.
aus: Über neuere ungarische Literatur


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