letzte Änderung: 08.07.06; 20:29:34.
Kunstspaziergänge
Spaziergänge in Berlin und Umgebung
        

Mittwoch, 21. Juni 2006

Ich war heute wieder einmal in Köln. Vor kurzem entdeckte ich dort einen Skulpturenpark. Heute war keine Zeit, dort vorbei zu gehen, aber ich habe ja letztens einige der dortigen Sachen fotografiert, z.B.

Peter Fischli / David Weiss
Garten 1997/99

Wenn schon Blödsinn, dann höherer. Mit philosophischem Tiefgang und Hintersinn. Wenn die beiden Schweizer die aberwitzige Absurdität des Alltags aufs Korn nehmen, dann zeigen sie mir, dass alle Lösungen immer auch ein Teil des Problems sins. In ihrem Paralleluniversum des Grotesk-Komischen stellen Fischli/weiss so lebensnotwendige Fragen wie: Warum geschieht nie nichts? oder Warum funktionieren die Dinge nie wirklich? oder Warum guckt mal wieder kein Schwein?. Das wollte ich schon immer wissen.
(Kunstzeitungs-Redakteurin Elfi Kreis in Kunstzeitung 118/Juni 2006)
Garten
In einer frisch gegossenen Betonplatte suhlen die zwei mit Schaufeln an der noch nassen Oberfläche. Eine Art Talsenke entsteht. Beim betrachtenden Sinnieren über den Kratern meldet sich die Erinnerung an eine Metapher aus Platons Phaidon. Der Mensch, so Sokrates, lebe nicht auf der eigentlichen Erde, im reinen Raum des Alls, sondern in unzähligen, trüben Senkungen, in die sich Wasser, Nebel und Luft ergießen: Schlünde, Sand und Sumpf ohne Ende, und wo sich Erdreich bildet, Schlammlagunen: es ist nichts da, was man am Maßstab unseres Schönen messen dürfte. Der dröge Geist tut sich schwer in seinem Loch, Schönheit wie Wahrheit zu erkennen. Fischli/Weiss' Beton ist Beton und Landschaft zugleich. Er treibt doppelt Blüten, und nicht nur Wüste. Die Art-Partner halten es mit der Ambivalenz. Ein Dreh an der Optik, und die gehöhlte Platte ist kein Beton, kein sokratisches Jammertal mehr, das wir wegen unserer Schwäche und aus Stumpfheit nicht durchdringen. Die Betonsenke ist gleichsam ein evokatives Spielfeld: Apollo-11-Landeplatz en miniature, John Fordsche Cinemascope-Site für Liliput-Cowboys oder - im Maßstab 1:1 gelesen - der verwitterte und zerfressene Untergrund einer Pfütze. Wasser kommt bei der Platzierung im Freien als Regen natürlich hinzu, ebenso das Leben, das sich in Form von Flechten und Mücken in den Furchen und Aufwürfen ursuppig zusammenbraut. Existenz im Bereich des Kunstwerks wird geduldet, hat aber keine intendierte Rolle zu spielen.
(Juri Steiner im Katalog Köln Skulptur 3, 2001

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